Weitere Informationen gibt es in der Pressemitteilung zur Klage gegen die Europäische Kommission
In der Rechtssache „Bindl/Kommission“ (unser Zeichen: XXX) reichen wir
hiermit die Zusammenfassung der Klagegründe und wesentlichen Argumente ein:
I. PARTEIEN
Kläger: Thomas Bindl
Sitz/Wohnort: München, Deutschland
Vertreter: Rechtsanwalt Tilman Herbrich
Beklagte: Europäische Kommission
II. ANTRÄGE
Der Kläger beantragt,
– die von der Beklagten beim Aufruf der Website „https://futureu.europa.eu“ am 30.03.2022
und am 08.06.2022 sowie bei der Anmeldung zur Veranstaltung „GoGreen“ am
30.03.2022 unter Verstoß gegen Kapitel V Verordnung (EU) 2018/1725 veranlassten
Übermittlungen personenbezogener Daten des Klägers an Empfänger mit Sitz in
Drittländern ohne angemessenes Schutzniveau gegenüber dem Kläger für nichtig zu
erklären.
– festzustellen, dass die Beklagte es rechtswidrig unterlassen hat, auf den Antrag des
Klägers vom 01.04.2022 auf Auskunft über die Verarbeitung seiner personenbezogenen
Daten durch die Beklagte sowie über die geeigneten Schutzmaßnahmen gemäß Art. 48
Verordnung (EU) 2018/1725 im Zusammenhang mit der Übermittlung an Empfänger mit
Sitz in Drittländern tätig zu werden.
– die Beklagte zum Ersatz des Schadens in Höhe von EUR 1.200,00 nebst Zinsen in Höhe
von 2 Prozentpunkten über dem jeweiligen Zinssatz, der von der Europäischen
Zentralbank für die wesentlichen Hauptfinanzierungsgeschäfte festgesetzt worden ist, ab
dem Tag der Urteilsverkündung zu verurteilen, der dem Kläger durch die fehlerhafte
Anwendung der Verordnung (EU) 2018/1725 entstanden ist.
– der Beklagten die Kosten des Verfahrens aufzulegen.
III. KLAGEGRÜNDE UND WESENTLICHE ARGUMENTE
Zur Stützung der Klagen macht der Kläger fünf Klagegründe geltend.
1. Erster Klagegrund: Fehlerhafte Anwendung von Art. 46 Abs. 1 sowie von Art. 48 Abs. 1
und Abs. 2 lit. b) Verordnung (EU) 2018/1725
– Die Beklagte hat personenbezogene Daten des Klägers beim Aufruf der Website
„https://futureu.europa.eu“ an Empfänger mit Sitz in den USA übermittelt. Die USA ist ein
Drittland, für das die Kommission keinen Angemessenheitsbeschluss erlassen hat.
– Eine auf Grundlage von Standardvertragsklauseln gemäß Art. 48 Abs. 2 lit. b) Verordnung
(EU) 2018/1725 erfolgte Übermittlung personenbezogener Daten des Klägers an Empfänger
mit Sitz in den USA stellt ohne zusätzliche Schutzmaßnahmen in technischer und
organisatorischer Hinsicht keine geeignete Garantie zur Gewährleistung eines angemessenen
Schutzniveaus in den USA dar.- 2 –
2. Zweiter Klagegrund: Verstoß gegen Grundrechte des Klägers aus Art. 7 und Art. 8 GRC
– Die Einschränkungen für die Grundrechte des Klägers aus Art. 7 GRC und Art. 8 GRC, die
sich daraus ergeben, dass US-Behörden nach dem US-Recht auf Daten, die aus der Union in
die USA übermittelt werden, zugreifen und verwenden dürfen, sind nicht in einer Art und
Weise geregelt, dass damit Anforderungen erfüllt würden, die den im Unionsrecht nach Art.
52 Abs. 1 Satz 2 GRC bestehenden Anforderungen der Sache nach gleichwertig wären.
– Weder 50 U.S. Code § 1881a (Section 702 FISA) noch die Executive Order 12333 gewähren
Bürgern der Union Möglichkeiten oder Rechte, sich gegen Zugriffe auf personenbezogene
Daten zur Wehr zu setzen oder die Rechte aus der Verordnung (EU) 2018/1725 wirksam
durchzusetzen.
– Das Auskunftsrecht des Klägers nach Art. 17 Abs. 1 und Abs. 2 Verordnung (EU) 2018/1725
ist Voraussetzung für die Wahrnehmung der Grundrechte des Klägers aus Art. 7 GRC und
aus Art. 8 Abs. 1 GRC. Die Beklagte nimmt dem Kläger aufgrund ihrer Untätigkeit
hinsichtlich seines Auskunftsersuchens die Möglichkeit, die grundrechtlich geschützten
Positionen wahrzunehmen. Der mit der Untätigkeit der Beklagten einhergehende Eingriff in
die Grundrechte aus Art. 7 GRC und aus Art. 8 Abs. 1 GRC ist daher nicht gerechtfertigt.
3. Dritter Klagegrund: Verstoß gegen Grundrechte des Klägers aus Art. 47 GRC
– Das Recht der USA sieht keine Möglichkeit für einen gerichtlichen Rechtsschutz gegen
Zugriffe auf personenbezogene Daten von Bürgern der Union durch USSicherheitsbehörden und US-Nachrichtendienste vor.
– Sowohl im Hinblick der auf 50 U.S. Code § 1881a (Section 702 FISA) als auch der auf die
Executive Order 12333 gestützten Überwachungsprogramme der US-Sicherheitsbehörden
und US-Nachrichtendienste – z. B. PRISM und UPSTREAM – verleihen weder die
Presidential Policy Directive 28 noch die Executive Order 12333 den betroffenen Personen
Rechte, die gegenüber den US-Behörden gerichtlich durchgesetzt werden können.
4. Vierter Klagegrund: Fehlerhafte Anwendung von Art. 17 Abs. 1 und Abs. 2 Verordnung
(EU) 2018/1725 sowie von Art. 14 Abs. 3 und Abs.4 Verordnung (EU) 2018/1725
– Die Beklagte hat es rechtswidrig unterlassen, dem Kläger auf seinen Antrag auf Auskunft
vom 01.04.2022 die in Art. 17 Abs. 1 und Abs. 2 Verordnung (EU) 2018/1725 genannten
Informationen, insbesondere die Schutzmaßnahmen gemäß Art. 48 Verordnung (EU)
2018/1725 innerhalb der Monatsfrist nach Art. 14 Abs. 3 Satz 1 Verordnung (EU)
2018/1725 zur Verfügung zu stellen.
– Die Beklagte hat es rechtswidrig unterlassen, dem Kläger entweder nach Art. 14 Abs. 3 Satz
2 Verordnung (EU) 2018/1725 eine Begründung über die etwaige Verlängerung der Frist
zur Erteilung der Auskunft mitzuteilen oder nach Art. 14 Abs. 3 und Abs. 4 Verordnung
(EU) 2018/1725 innerhalb eines Monats nach Antragstellung den Kläger über die Gründe
der Ablehnung der Auskunftserteilung sowie über außergerichtliche- und gerichtliche
Rechtsbehelfe zu unterrichten.
5. Fünfter Klagegrund: Verursachung eines immateriellen Schadens
– Dem Kläger ist in Anbetracht der Verweigerung der Auskunftserteilung durch die Beklagte
sowie der unkontrollierten Übermittlung personenbezogener Daten des Klägers an
Empfänger mit Sitz in den USA durch die Beklagte und der damit einhergehenden
Unsicherheit einer rechtswidrigen Überwachung des Internetverkehrs ein immaterieller
Schaden in Höhe von 1.200 EUR entstanden.